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Luftnot

Sieben Jahrzehnte liegen bei mir zwischen den zarten Knospen des Gestern und dem von Erinnerung eingefärbten Heute. Die Farbe und Konsistenz der Blätter wechseln im Laufe eines Jahres, so wie die vergangenen Jahre meine Werte und Gedanken veränderten, sich meine Prioritäten verlagerten. Vom hellen Grün des Frühjahrs wurden die Farben zum intensiven Bunt. Ein Bunt das mir gefällt.

Meine Gesundheit ist fragil, die fortschreitende chronische Erkrankung äußert sich auch in Luftnot. Meine Atmung nimmt mich ganz in Anspruch, wenn das Herz mehr pumpt und der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ein Mensch ohne Atmung nicht leben kann, ich aber seit meiner Kindheit unter Luftnot wie meine Mutter gelitten habe. Wir sind uns in unserer Krankheit nahe.

Ich schließe meine Augen, um Revue passieren zu lassen, pendle zwischen Fantasie und Wirklichkeit, verliere mich in Raum und Zeit und entdecke Situationen, die mich prägten. In Gedanken schreibe ich ein neues Buch über meine Kindheit.

Ich nenne es

„Als Mutter mit mir tanzte“.

Ein Kapitel daraus stelle ich hier ein: „Im Bärenkäfig“.

Hauch des Lebens

Atmen, Atmen…

Hauch des Lebens

Die Luft gehört mir, zum Überleben.

Luft, Luft, um mich herum, in mir und dir.

Atmen, Atmen, dann bleibst du am Leben.

Leben, leben will ich, ohne Wenn und Aber.

Luft gehört dazu, ist Teil von mir. 

Tief atmen, atmen…

Ruhig werden, ruhig

Setz dich in Kutscherposition, 

die Arme auf den Oberschenkeln abgestützt.

Die Lippen gespitzt und langsam ausgeatmet.

Hecheln, husten, immer stärker bis zum Würgen…

Luftnot, husten, hecheln, husten, würgen…

Auf den Atem spüren, bis ich ihn fühle. 

Wird er mich tragen? 

Tragen wie in den letzten siebzig Jahren.

Alles Gelebte getragen und berührt.

 Es ist an der Zeit, ich fühle es.

Mein Körper gibt mir vor, der Verstand gibt nach.

Der Griff zum Schlauch, wie viele Male.

Stelle höher und immer höher, die Tonne aus Leben.

Meine Augen geschlossen, horche ich in mich hinein.

Es ist Zeit für mich, für das was war.

Eine Zukunft will ich haben und gesunden.

Ist das der Anfang oder das Ende?